Einkauf und Beschaffung sind zentrale Prozesse im Facility Management (FM) und beeinflussen die Kosten, Effizienz und Nachhaltigkeit eines Unternehmens erheblich. Dabei sind die rechtlichen und normativen Anforderungen im öffentlichen Vergaberecht und in der Privatwirtschaft unterschiedlich geregelt. Gleichzeitig erfordert das Zusammenspiel zwischen Einkauf und Facility Management eine ganzheitliche Betrachtung, um sicherzustellen, dass die Beschaffungsprozesse optimal auf die Anforderungen der Betriebsführung, Instandhaltung und strategischen FM-Ziele abgestimmt sind. Ein effizienter und rechtssicherer Einkauf, der eng mit den Zielen des Facility Managements verknüpft ist, ermöglicht die Optimierung von Betriebs- und Instandhaltungsprozessen. Die Einhaltung rechtlicher Vorgaben und die Nutzung moderner Technologien sind dabei unerlässlich, um langfristige Kosteneinsparungen und Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.
Auftraggeberpflichten im Einkauf und in der Beschaffung
Definition: Auftraggeber sind für die präzise Ermittlung des Bedarfs und die Erstellung von Ausschreibungsunterlagen verantwortlich. Diese Prozesse unterscheiden sich grundlegend zwischen öffentlichem Vergaberecht und Privatwirtschaft. Zudem müssen die Bedarfe eng mit den Anforderungen des Facility Managements abgestimmt werden, insbesondere in Bezug auf Wartung, Betrieb und Instandhaltung.
Öffentliches Vergaberecht:
Pflichten:Durchführung einer transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibung gemäß VOB/A, UVgO oder VgV (Vergabeverordnung).
Veröffentlichung der Ausschreibung auf offiziellen Plattformen wie dem Deutschen Vergabeportal (DVP) oder TED (Tenders Electronic Daily).
Sicherstellung, dass die Beschaffung langfristige Anforderungen des Facility Managements berücksichtigt, z. B. Lebenszykluskosten und Nachhaltigkeitsziele gemäß DIN EN ISO 41001.
Einhaltung von Schwellenwerten gemäß EU-Vergaberichtlinien.
Rechtliche Grundlagen:
VOB/A, UVgO, VgV: Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge.
GWB: Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen.
EU-Vergaberichtlinien: Anforderungen für europaweite Ausschreibungen.
DIN EN ISO 41001: FM-Managementsysteme.
Privatwirtschaft:
Pflichten:Erstellung von Leistungsbeschreibungen und Lastenheften, die FM-Anforderungen wie Instandhaltungszyklen und Betriebskostenoptimierung berücksichtigen.
Freie Gestaltung der Vergabekriterien, jedoch unter Berücksichtigung von Compliance-Vorgaben wie den DIN EN ISO 20400 (Nachhaltige Beschaffung).
Abstimmung der Beschaffungsstrategie mit den operativen und strategischen Zielen des Facility Managements, um Synergien zu nutzen.
Rechtliche Grundlagen:
DIN EN ISO 41001: Anforderungen an Managementsysteme im FM.
DIN EN ISO 20400: Leitlinien für nachhaltige Beschaffung.
Lieferantenauswahl und Vertragsgestaltung
Definition: Die Auswahl geeigneter Lieferanten und die Vertragsgestaltung unterliegen im öffentlichen Vergaberecht strengen Vorgaben, während in der Privatwirtschaft größere Flexibilität besteht. Dabei müssen die Verträge so gestaltet werden, dass sie die Anforderungen an die langfristige Verfügbarkeit und Qualität von FM-Dienstleistungen berücksichtigen.
Öffentliches Vergaberecht:
Pflichten:Verwendung standardisierter Bewertungsmatrizen gemäß VOB/A oder UVgO zur transparenten Bewertung der Angebote.
Sicherstellung, dass die Auswahlkriterien die Betriebskosten, Wartung und Energieeffizienz von Anlagen gemäß DIN EN ISO 50001 berücksichtigen.
Abschluss von Verträgen mit klar definierten Leistungs- und Haftungsregelungen gemäß BGB und HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure).
Einhaltung von Dokumentationspflichten gemäß VgV zur Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
Rechtliche Grundlagen:
VOB/A, UVgO, VgV: Vergabeverfahren.
BGB: Vertragsrecht.
HOAI: Honorarregelungen.
DIN EN ISO 50001: Energiemanagement.
Privatwirtschaft:
Pflichten:Durchführung eines mehrstufigen Auswahlprozesses, der auf internen Vorgaben und den Anforderungen der DIN EN ISO 9001 basiert.
Vertragsgestaltung mit individuell ausgehandelten Leistungs-, Gewährleistungs- und Haftungsregelungen, die spezifische FM-Anforderungen wie Service-Level-Agreements (SLAs) abdecken.
Sicherstellung der Datenschutzvorgaben gemäß DSGVO bei der Verarbeitung von Lieferantendaten.
Rechtliche Grundlagen:
BGB: Vertragsrecht.
DSGVO: Datenschutzanforderungen.
DIN EN ISO 9001: Qualitätsmanagement.
Nachhaltigkeit und Transparenz
Definition: Nachhaltigkeit und Transparenz sind im öffentlichen Vergaberecht stärker reglementiert, während in der Privatwirtschaft unternehmensspezifische Standards im Vordergrund stehen. Beide Ansätze müssen jedoch die Anforderungen des Facility Managements integrieren, insbesondere bei der Planung von Beschaffungszyklen und der Einhaltung von Umweltstandards.
Öffentliches Vergaberecht:
Pflichten:Integration sozialer und ökologischer Kriterien gemäß EU-Vergaberichtlinien.
Sicherstellung der langfristigen Nachhaltigkeit von Anlagen und Materialien gemäß DIN EN ISO 20400 und DIN EN ISO 14001 (Umweltmanagement).
Veröffentlichung von Vergabekriterien und -entscheidungen auf offiziellen Plattformen.
Rechtliche Grundlagen:
EU-Vergaberichtlinien: Anforderungen für nachhaltige öffentliche Aufträge.
DIN EN ISO 20400: Leitlinien für nachhaltige Beschaffung.
DIN EN ISO 14001: Umweltmanagement.
Privatwirtschaft:
Pflichten:Einführung unternehmensinterner Standards zur Überwachung von Lieferketten gemäß LkSG.
Nutzung digitaler Tools zur Überprüfung von Nachhaltigkeitskriterien in Echtzeit.
Berichterstattung zu Nachhaltigkeitszielen und deren Erfüllung gemäß DIN EN ISO 14001.
Rechtliche Grundlagen:
LkSG: Lieferkettensorgfaltspflichten.
DIN EN ISO 14001: Umweltmanagementsysteme.
Lieferantenmanagement
Definition: Betreiber sind für die kontinuierliche Überwachung und Steuerung der Lieferantenbeziehungen verantwortlich. Das Lieferantenmanagement muss eng mit den operativen Anforderungen des Facility Managements verknüpft sein, um Qualität und Effizienz sicherzustellen.
Öffentliches Vergaberecht:
Pflichten:Durchführung regelmäßiger Audits und Überwachung der Vertragserfüllung gemäß VOB/B.
Sicherstellung der Einhaltung vertraglicher Vereinbarungen durch systematische Leistungsbewertungen.
Dokumentation aller Schritte im Lieferantenmanagement.
Rechtliche Grundlagen:
VOB/B: Regelungen zur Vertragsabwicklung im Bauwesen.
Privatwirtschaft:
Pflichten:Einführung eines Lieferantenmanagements gemäß DIN EN ISO 19011 (Auditprozesse).
Integration digitaler Systeme zur Lieferantenbewertung und Risikominimierung.
Regelmäßige Analyse der Lieferkette auf Schwachstellen.
Rechtliche Grundlagen:
DIN EN ISO 19011: Auditstandards.
BGB: Vertragliche Grundlagen.
Integration von Beschaffungs- und Betriebsprozessen:
Sicherstellung, dass Beschaffungsentscheidungen langfristige Betriebs- und Instandhaltungsanforderungen berücksichtigen.
Nutzung von CAFM-Systemen zur Verknüpfung von Einkaufsdaten mit Wartungs- und Betriebskostenanalysen.
Einführung von Lebenszyklusanalysen (LCA) zur Optimierung der Gesamtkosten von Anlagen.
Einsatz von Technologien:
Einsatz von IoT und KI zur prädiktiven Wartung und Überwachung von beschafften Anlagen.
Nutzung digitaler Zwillinge zur Integration von Betriebs- und Beschaffungsprozessen.