Lieferantenselbstauskunft
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Lieferantenselbstauskunft
Die Lieferantenselbstauskunft ist weit mehr als ein bloßer Fragebogen; sie ist das Fundament eines umfassenden Risikomanagements. Ein wesentlicher Teil des Prozesses besteht darin, die erhobenen Daten strukturiert zu bewerten und darauf aufbauend Maßnahmen abzuleiten. Durch gezielte Nachverfolgung können Unternehmen und Lieferanten gemeinsam an Verbesserungen arbeiten und sich wettbewerbsfähiger aufstellen.
Dies macht deutlich, dass eine digitale und gut strukturierte Lieferantenselbstauskunft für Unternehmen zu einem strategischen Erfolgsfaktor wird – nicht nur, um Risiken zu minimieren, sondern auch, um langfristig stabile und wertschöpfende Partnerschaften aufzubauen.
- Grundlagen
- Zweck
- Lieferantenselbstauskunft
- Prozess
- Vorteile
- Herausforderungen
- Auswertung
- Digitalisierung
Grundlagen und Definition
Eine Lieferantenselbstauskunft ist ein standardisiertes Dokument oder ein Fragebogen, in dem (potenzielle) Lieferanten Angaben zu ihrer wirtschaftlichen, rechtlichen und organisatorischen Situation machen. Ziel ist es, Transparenz über die Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Compliance der Lieferanten zu schaffen, um fundierte Entscheidungen im Einkauf und Beschaffungsmanagement zu ermöglichen.
Zweck und Bedeutung
Risikominimierung: Durch frühzeitige Erhebung von Kennzahlen und Nachweisen können finanzielle, rechtliche, ökologische und soziale Risiken erkannt und bewertet werden.
Vertrauensaufbau: Eine sorgfältig ausgefüllte Selbstauskunft signalisiert Professionalität und Transparenz.
Erfüllung gesetzlicher Vorgaben: In vielen Branchen und Ländern sind Unternehmen verpflichtet, die eigene Lieferkette zu überwachen (z. B. Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in Deutschland).
Typische Inhalte einer Lieferantenselbstauskunft
Unternehmensdaten: Rechtsform, Firmensitz, Leitung, Konzernzugehörigkeit
Finanzinformationen: Bonitätsauskünfte, Jahresabschlüsse, Umsatzzahlen, Versicherungsschutz
Zertifizierungen: Qualitätsmanagement (z. B. ISO 9001), Umweltmanagement (z. B. ISO 14001), Arbeitsschutz (z. B. ISO 45001), branchenspezifische Normen
Compliance & Nachhaltigkeit: Einhaltung von Menschenrechten, Anti-Korruptionsmaßnahmen, ESG-Aspekte (Environmental, Social, Governance)
Lieferkettentransparenz: Struktur der Unterlieferanten, Audit- und Kontrollprozesse
Logistik & Kapazitäten: Angaben zu Lieferzeiten, Produktionsstandorten, Flexibilität bei Nachfrageschwankungen
Prozess der Erhebung und Bewertung
Anforderung: Das Unternehmen (Kunde) versendet den Fragebogen oder stellt ihn auf einer digitalen Plattform bereit.
Ausfüllen: Der Lieferant erfasst alle relevanten Daten und fügt Nachweise (z. B. Zertifikate) bei.
Prüfung: Auf Kundenseite werden die Angaben validiert; oft hilft ein internes Bewertungssystem oder eine Plausibilitätsprüfung.
Rückfragen und Ergänzungen: Fehlende Dokumente oder Unklarheiten werden nachgefordert.
Herausforderungen und typische Fehlerquellen
Unvollständige/Unpräzise Angaben: Risiken bleiben unerkannt.
Mangelnde Standardisierung: Unterschiedliche Formate für verschiedene Kunden verursachen Mehraufwand.
Datenschutz: Sensible Unternehmensdaten erfordern sorgfältigen Umgang und sichere Übertragungswege.
Dynamische Anforderungen: Neue Gesetze oder ESG-Vorgaben können kurzfristige Anpassungen nötig machen.
Prozess nach der Auswertung
Die erfolgreiche Bearbeitung der Lieferantenselbstauskunft ist nur der erste Schritt. Ebenso wichtig sind die Auswertung und der anschließende Umgang mit den Ergebnissen:
Interne Bewertungskriterien
Viele Unternehmen nutzen Scoring-Modelle oder Ampelsysteme, um Antworten zu gewichten.
Typische Bewertungskategorien: Finanzielle Stabilität
Qualitäts- und Umweltmanagement
Compliance & Ethik
Logistik & Lieferzuverlässigkeit
Mindestanforderungen: In jeder Kategorie kann es Grenzwerte geben, die ein Lieferant erfüllen muss, um gelistet zu werden.
Nachverfolgung und Verbesserungspotenzial
Kommt es in manchen Bereichen zu Abweichungen (z. B. fehlende Zertifikate, niedrige Bonität), können Lieferanten aufgefordert werden, Verbesserungspläne vorzulegen.
Regelmäßige Follow-up-Audits oder erneute Selbstauskünfte (z. B. jährlich) stellen sicher, dass Maßnahmen umgesetzt und neue Risiken erkannt werden.
Bei Mängeln, die kurzfristig behoben werden können, ist eine Zwischenbewertung oder ein Übergangsstatus (z. B. „bedingte Freigabe“) üblich.
Sanktionen und Vertragsausstieg
Unternehmen sollten klar definieren, welche Konsequenzen bei Nichterfüllung der Anforderungen oder Verstößen gegen Compliance-Regeln folgen.
Abmahnung und erneute Prüfung
Vorübergehende Sperrung als Lieferant
Vertragsaufkündigung bei schwerwiegenden Regelverstößen (z. B. Menschenrechtsverletzungen, Korruptionsfälle)
Diese klaren Vorgaben schaffen Verbindlichkeit und schützen das Unternehmen vor Reputations- oder Haftungsschäden.
Diese Systeme können auch Schnittstellen zu anderen Tools (z. B. ERP-Systeme) bereitstellen, sodass Daten nahtlos in die Material- und Produktionsplanung fließen.
IT-gestütztes Lieferantenmanagement
Zunehmend setzen Unternehmen auf Supplier-Portale oder Supplier Relationship Management (SRM)-Tools, um Selbstauskünfte zentral zu verwalten.
Vorteile: Automatische Erinnerungen an Lieferanten zur Aktualisierung von Daten
Branchenübergreifende Standards
Sedex/SMETA (Sedex Members Ethical Trade Audit) ist ein gängiges Framework zur Bewertung ethischer und sozialer Aspekte in der Lieferkette.
Automobilindustrie: IATF 16949 als Qualitätsstandard, VDA 6.3 als Auditstandard.
Solche Standard-Fragebögen reduzieren den Aufwand für Lieferanten, da sie nicht für jeden Kunden individuelle Selbstauskünfte erstellen müssen.
Unternehmen profitieren durch erhöhte Vergleichbarkeit der Lieferantenangaben.