Ausschreibung aller benötigten FM-Services für die zukünftige Betriebsführung im Kontext eines GU-Bauvertrags und eigener Mieterausbauten
Die Integration von Facility-Management-Services (FM) in einen GU-Bauvertrag sowie deren frühzeitige Ausschreibung für die spätere Betriebsführung gewinnt in Bauprojekten zunehmend an Bedeutung. Gerade bei eigenen Mieterausbauten – in denen spezielle Anforderungen des Nutzers oder Mieters zu berücksichtigen sind – kann eine ganzheitliche Betrachtung von Planung, Bau und Betrieb Synergieeffekte und langfristige Kostenvorteile mit sich bringen.
Die frühzeitige Einbindung von FM-Services in einen GU-Bauvertrag und in eigene Mieterausbauten ermöglicht ein ganzheitliches Projektverständnis: Der spätere Betrieb wird nicht erst nach Fertigstellung des Objekts „angehängt“, sondern bereits in der Planungs- und Ausführungsphase mitgedacht. So lassen sich Schnittstellen, Kosten und Qualität besser steuern, was zu deutlich reduzierten Risiken, klareren Verantwortlichkeiten und einem reibungsloseren Projektablauf führt. Insgesamt kann der ganzheitliche Ansatz – von der Planung und Ausschreibung bis zum laufenden Betrieb – dafür sorgen, dass sowohl Eigentümer, Mieter als auch FM-Dienstleister profitieren. Gebäude, die schon in der Bauphase auf eine effiziente und nachhaltige Nutzung vorbereitet werden, erzeugen höhere Mieterzufriedenheit, verursachen geringere Betriebskosten und unterstützen die strategischen Ziele aller Beteiligten.
Um eine reibungslose Betriebsphase sicherzustellen, ist zunächst eine umfassende und präzise Leistungsbeschreibung aller FM-Services erforderlich.
Hierzu gehören:
Hauptleistungen wie Reinigung, Wartung und Instandhaltung, Winterdienst, Abfallmanagement oder Sicherheitsdienstleistungen.
Sonder- und Zusatzleistungen, beispielsweise Grünflächenpflege, Schädlingsbekämpfung, Entsorgungsleistungen für gefährliche Stoffe (z. B. in Laboren), Catering oder Event-Services.
Service-Level-Agreements (SLAs) und Qualitätsstandards
Die Festlegung verbindlicher Qualitätsstandards und Reaktionszeiten (z. B. bei Störfällen) stellt sicher, dass die FM-Leistungen kontinuierlich messbar sind. Aus diesen Anforderungen ergeben sich in der Regel Service-Level-Agreements (SLAs), die eine objektive Bewertung der Leistungserbringung ermöglichen und als Grundlage für Bonus- oder Malusregelungen dienen können.
Schnittstellen zum GU und zum Mieterausbau
Bereits beim Mieterausbau sollten die baulichen Voraussetzungen geschaffen werden, die einen effizienten FM-Betrieb ermöglichen.
Das betrifft z. B.:
Lager- und Technikflächen für Wartungs- und Reinigungsgeräte.
Bauliche Berücksichtigung von Schallschutz- und Erreichbarkeitsanforderungen (insbesondere in Bereichen wie Büros, Labore, Reinräume).
Vorteil
Eine solch transparente Leistungsbeschreibung verhindert spätere Missverständnisse oder widersprüchliche Vertragsinterpretationen, was wiederum das Risiko kostspieliger Nachträge oder Leistungskürzungen minimiert.
Gemeinsame und individuelle Leistungspakete
In Gebäuden mit unterschiedlichen Nutzungsarten (z. B. Büronutzung, Labor, Fertigung) können individuelle FM-Pakete erforderlich sein. Ein Mieter benötigt ggf. mehr Sicherheitsdienst oder Sonderreinigungen, während andere sich mit einem Basis-Service begnügen.
Hierbei ist ratsam:
Modulare Vergabestrategie: Die FM-Leistungen in separate Lose oder Module aufteilen, damit sie passgenau gebucht werden können.
Gemeinschaftsflächen wie Lobby, Parkhaus, Außenanlagen und deren Kostenanteile eindeutig definieren (z. B. anteilige Kostenverteilung nach Flächengröße oder Nutzeranzahl).
Kosten- und Abrechnungsmodelle
Eine transparente und faire Verteilung der FM-Kosten zwischen verschiedenen Nutzern oder Mietern ist für das spätere Vertragsverhältnis essenziell. Über eine zentrale Kostenstelle (z. B. den Eigentümer oder den Property Manager) können Gemeinschaftsflächen effizient koordiniert und abgerechnet werden.
-Bündelungseffekte: Größere Mengengerüste (etwa bei Reinigungsmaterialien) führen oft zu günstigeren Konditionen.
-Kontrolle und Controlling: Eine zentrale Stelle sollte das Qualitäts- und Kostencontrolling übernehmen, um sicherzustellen, dass sämtliche Leistungen ordnungsgemäß erbracht und abgerechnet werden.
Abstimmung mit dem GU
Im GU-Vertrag wird häufig das Gewerk „Innenausbau“ bereits integriert, doch bei Multi-Tenant-Strukturen kann es zu Schnittstellenüberschneidungen kommen. Wird z. B. ein Teil des Gebäudes schon vor Fertigstellung anderer Bereiche bezogen (Vorabnutzung), muss präzise geregelt sein, wie die FM-Leistungen in diesem Abschnitt anlaufen, während andere Teile noch unter Baubetrieb stehen.
Vorteil: Ein abgestimmtes Multi-Tenant-/Multi-Service-Konzept vermeidet doppelte Vergaben, nutzt Mengenrabatte und steigert die Wirtschaftlichkeit für alle Beteiligten.
Commissioning und technisches Einregulieren
Eine saubere Inbetriebnahme (Commissioning) der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) ist entscheidend, damit während des späteren Betriebs keine gravierenden Effizienz- oder Komforteinbußen entstehen.
Dazu zählen:
Einregulieren von Lüftungs- und Klimaanlagen
Test- und Probebetrieb von Aufzügen, Brandmeldeanlagen, Zutrittskontrollsystemen
Messung und Dokumentation aller relevanten Betriebsparameter (z. B. Luftmengen, Stromlast, Temperaturprofile)
Neben den technischen Aspekten sollten organisatorische und personelle Themen berücksichtigt werden. Dazu zählen:
Personalschulungen: Der künftige FM-Dienstleister oder dessen Personal werden in die Bedienung technischer Anlagen (z. B. Gebäudeleittechnik, Notfallmeldesysteme) eingewiesen.
Sicherheitskonzept: Anweisungen zu Evakuierung, Zugangsberechtigungen, Brand- und Arbeitsschutz müssen frühzeitig aufgesetzt und praktiziert werden.
Kommunikationspläne: Definierte Ansprechpartner bei Störungen oder Wartungsbedarf erleichtern das Zusammenspiel von GU, Bauherr, Mieter und FM-Dienstleister.
Dokumentation und Übergabe
Eine lückenlose As-Built-Dokumentation (Pläne, Wartungsnachweise, Prüfzertifikate) und klare Übergabeprotokolle sind unverzichtbar. Damit erhalten die FM-Verantwortlichen alle erforderlichen Informationen, um das Objekt von Anfang an professionell zu betreiben. Ebenso wichtig: Festlegen, wer für eventuell auftretende Mängel in der Anlaufphase (z. B. Baumängel oder Installationsfehler) verantwortlich ist und wie Ansprüche rasch abgewickelt werden.
Vorteil: Ein strukturiertes Inbetriebnahme- und Übergabemanagement reduziert Ausfallrisiken, minimiert Bau- und Einlaufmängel und sorgt für verlässliche Betriebsprozesse ab dem ersten Nutzungstag.
BIM als Datenbasis
Wird das Projekt über Building Information Modeling (BIM) gesteuert, sollte das digitale Gebäudemodell idealerweise nahtlos in ein CAFM-System (Computer-Aided Facility Management) überführt werden. Dafür sind relevante Daten bereits in der Planungsphase so zu strukturieren, dass sie sich für den späteren Betrieb eignen (z. B. Wartungsintervalle, Bauteilnummern, Lieferanten- und Garantiedaten).
Moderne CAFM-Systeme ermöglichen:
Wartungsplanung und automatisierte Terminierung von Prüfungen (z. B. Aufzüge, Brandschutztechnik)
Störungs- und Ticket-Management (z. B. Meldungen bei Ausfällen, Dokumentation von Reparaturen)
Budgetierung und Kostentransparenz (z. B. Verfolgung laufender Betriebskosten pro Mieter)
Ergänzend kommen oft mobile Apps zum Einsatz, mit denen das FM-Personal Mängel oder Wartungsaufträge direkt aufnimmt und dokumentiert.
Digital Twin und Smart-Building-Konzepte
Mittels eines digitalen Zwillings lässt sich das Gebäude in Echtzeit überwachen und steuern. Sensorbasierte Daten (Temperatur, Luftqualität, Belegungsrate) ermöglichen eine vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) und weitergehende Optimierungen (z. B. Energieeffizienz, Gebäudeklima).
Vorteil: Die Kombination von BIM2FM und Smart-Building-Technologien steigert die Transparenz und Effizienz in der Betriebsführung nachhaltig. Sowohl Qualität als auch Wirtschaftlichkeit profitieren von automatisierten Prozessen und einer aussagekräftigen Datenbasis.
Umweltfreundliche FM-Leistungen. Neben energieeffizienten Technologien (z. B. LED-Beleuchtung, optimierte Lüftungssteuerung) steht auch der ressourcenschonende Betrieb im Fokus:
Einsatz von ökologischen Reinigungsmitteln
Mülltrennung und Recyclingkonzepte
Grünflächenpflege unter Biodiversitäts- und Klimagesichtspunkten
Green-Building-Zertifizierungen
Soll das Gebäude nach LEED, DGNB oder BREEAM zertifiziert werden, müssen die FM-Leistungen im Alltag den Zertifizierungsstandards entsprechen. Das umfasst das laufende Monitoring von Energie- und Wasserverbräuchen, die Dokumentation ökologischer Reinigungsverfahren sowie die Einhaltung definierter Komfort- und Luftqualitätskriterien.
Lebenszykluskosten und CO₂-Footprint
Eine lebenszyklusorientierte Planung und Ausführung (z. B. hochwertigere, aber langlebige Bauteile) sowie ein durchdachtes FM-Konzept (z. B. energetische Optimierung, vorausschauende Wartung) reduzieren den CO₂-Footprint und die Gesamtkosten über die Nutzungsdauer. Hierbei zahlt es sich aus, wenn GU, Mieter und FM-Dienstleister von Anfang an zusammenarbeiten und die ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) gemeinsam definieren und umsetzen.
Vorteil: Nachhaltig betriebene Gebäude sind nicht nur umweltverträglicher und kosteneffizienter, sondern gewinnen auch an Attraktivität für Mieter und Investoren. Sie tragen zu einer positiven Außenwirkung des Projekts bei und erhöhen den Immobilienwert.